Verstehen ist schwer, begreifen kann jeder: Wie Tablets die Kommunikation mit Patienten revolutionieren

Bei der Anwendung von Tablets im Business kann man zwei Hauptkategorien unterscheiden. Die eine ist das mobile Büro, die andere ist die mobile Anwendung von Instrumenten im Rahmen z.B. einer Problemlösung. Im Vertrieb ist eine solche mobile Anwendung beispielsweise eine Applikation, die das Verkaufsgespräch unterstützt und somit das Verkaufen erfolgreicher macht. Verkaufen heißt, einen Kunden von einer Idee zu überzeugen und ihn dazu zu bewegen, eigene Ressourcen zu mobilisieren, um die Idee zu »besitzen«. In diesem Sinne ist auch das Gespräch zwischen Arzt und Patient ein Verkaufsgespräch – besonders dann, wenn Patienten eigene Anstrengungen unternehmen müssen, um gesund zu werden. In diesem Beitrag geht es darum, wie die Erkenntnisse zum Einsatz von Tablets im Vertrieb auf das Gespräch zwischen Arzt und Patient übertragen werden können, um es effektiver zu machen und zu mehr Adhärenz zu führen.

Der Arzt als Verkäufer von Gesundheit

Letztendlich dient die Kommunikation zwischen Pharmaunternehmen und Patient oder zwischen Arzt und Patient dem Verkaufen – im Sinne von »jemanden von etwas überzeugen und zu einer entsprechenden Handlung bringen«. Was passiert zwischen Verkäufer und Kunde?

Da ist zunächst einmal ein natürliches Spannungsfeld, basierend auf entgegengesetzten Zielen. Während der Verkäufer einen möglichst hohen Preis für sein Produkt erzielen will, will der Kunde möglichst viel Produkt oder Leistung für einen möglichst geringen Preis. In Bezug auf das Arzt-Patienten-Verhältnis bedeutet das: Der Arzt will einen idealen Behandlungspfad durchsetzen, z. B. mit Lifestyleänderung etc., während der Patient mit möglichst geringem eigenen Aufwand Folgeschäden vermeiden will. Letztendlich geht es bei jedem Verkauf darum, die »Einigungszone«, auszuloten (siehe Abbildung 1).

Spannungsfeld zwiscen Verkäufer und Kunde
Abbildung 1: Das Spannungsfeld zwischen Verkäufer und Kunde

Wertschätzung verkauft am besten

Der zentrale Erfolgsfaktor des Verkäufers, um den Einigungspunkt möglichst weit nach rechts zu verschieben, ist seine Überzeugungskraft. Diese Überzeugungskraft soll zu einer möglichst hohen Wertschätzung des Kunden für das zu verkaufende Produkt oder die zu verkaufende Leistung führen. Das führt uns nun zu der Frage, mit welcher Methode man eine möglichst hohe Wertschätzung bei einem Kunden erreicht.
Natürlich ist der wichtigste Faktor der Verkäufer selbst. Aber leider oder zum Glück ist nicht jeder ein Top-Verkäufer, der Wertschätzung alleine durch seine Ausstrahlung erreicht. Leider haben die wenigsten Ärzte eine solche Ausstrahlung, dass der Patient alleine wegen des Arztes seinen Lebensstil ändert. alle anderen Verkäufer bzw. Ärzte, die nicht alleine über ihre Ausstrahlung zum Erfolg kommen, brauchen eine Verkaufsmethode. 

Beeinflussende Informationen

Beim Verkaufen muss Wertschätzung erreicht werden – und dabei geht es in erster Linie um den Transport von »beeinflussenden Informationen«. Dabei teilt der Sender der Information dem Empfänger etwas mit, um ein bestimmtes Verhalten beim Empfänger zu erreichen. Beispiele dafür finden sich in Tabelle 1.

Sender

Empfänger

Ziel

Versicherungsagent

Kunde

Vertragsabschluss

Bestatter

Hinterbliebener

Verkauf einer hochwertigen Bestattung

Pharmaberater

Arzt

Verordnung eines bestimmten Medikaments

Arzt

Patient

Krankheitseinsicht, Adhärenz

Tabelle 1: Beispiele für Sender, Empfänger und Ziele beeinflussender Informationen

Der Schlüssel dafür, ob die Information zu dem gewünschten Verhalten führt oder nicht, hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab:

  • wird die Information inhaltlich verstanden
  • welche Auswirkung hat die Information auf die Wertschätzung des Empfängers für das Produkt oder die Leistung (z. B. der ärztlichen Beratung)

Informationskanäle

Einem Sender stehen prinzipiell drei Kanäle zur Verfügung, über die er seine Information senden kann. Er kann sie in Worte fassen, bildhaft zeigen oder dem Empfänger in die Hand geben. Tabelle 2 zeigt die Auswirkung dieser Kanäle auf das Verstehen und die Wertschätzung der Information.

Senderinstrumente

Empfängerkanäle

Effektivität für das Verstehen

Auswirkung auf die Wertschätzung

Sagen

Hören

+

+

Zeigen

Sehen

++

++

Geben

Fühlen

+++

Tabelle 2: Effektivität von Senderinstrumenten

Es ist klar, dass das Prinzip »Geben« nicht zum Verstehen der Information führt. Gibt der Arzt seinem Patienten die Medikamentenpackung in die Hand, wird er niemals verstehen, wie das Medikament wirkt. Trotzdem wird das in der Regel getan, vermutlich mit der impliziten Erwartung, dass dies die verbal vermittelte Information unterstützt.

Der Unterschied zwischen Verstehen und Begreifen

»Verstehen« und »Begreifen« sind nicht dasselbe. Man kann sich den Unterschied zwischen Verstehen und Begreifen, sehr gut an einem Stück Stoff deutlich machen. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Schneider. Vor Ihnen steht eine Kundin, die sich ein neues Kleid schneidern lassen will. Sie haben das Ziel, ihr einen bestimmten Stoff zu verkaufen, natürlich hochwertig und teuer. Mit welcher Methode erreichen Sie Ihr Ziel mit der größten Wahrscheinlichkeit? Natürlich werden Sie die Kundin dazu motivieren, den Stoff einfach anzufassen. Um den Wert dieses Stoffes noch stärker zu untermauern, werden Sie die Kundin bitten, zum Vergleich noch einen anderen Stoff anzufassen. Sie werden mit Argumenten zurückhaltend sein und einfach die Sensomotorik wirken lassen. Erst danach werden Sie Argumente und Fakten vortragen. Aber ist das die gängige Praxis beim Verkauf? Mitnichten – nicht einmal bei Schneidern. Statt den Kunden die Chance zu geben, unsere Informationen zu begreifen, argumentieren wir drauf los, was das Zeug hält, zeigen tolle Bilder und hämmern dem Kunden unsere auswendig gelernten Fakten ein.

Die Bedeutung des Begreifens für die Wertschätzung

Ein Schneider kann auf seinen Kunden noch so viel einreden oder ihm Bilder zeigen; wenn der Kunde den Stoff anfasst, weiß er, ob er ihn mag oder nicht. Er begreift. Was zwischen Hand und Hirn passiert, können uns die Neurowissenschaften plausibel erklären. So bringt der Neurologe Florian Heinen aus München deren Erkenntnisse in einem klugen Artikel mit der Feststellung auf den Punkt, der Zeigefinger sei die schnellste Verbindung zwischen Information und Gehirn1. Physiologisch besteht tatsächlich eine direkte Nervenverbindung zwischen Zeigefinger und Gehirn mit einer im Vergleich zu anderen Fingern sehr hohen Leitungsgeschwindigkeit. Das Begreifen führt also ohne den Umweg über den Verstand dorthin, wo Entscheidungen entstehen. Begreifen ist deshalb die erheblich effektivere Methode für die Vermittlung beeinflussender Informationen und das Erreichen von Wertschätzung.

Die Grundlagen unserer Methode »Teach by Touch«

Auf Basis der oben beschrieben Erkenntnisse haben wir unsere Methode »Teach by Touch« entwickelt, um das Verkaufen per Tablet effektiver zu machen. Sie ist ausführlich im Buch »Die Revolution des Verkaufens« unseres Kollegen Peter Jungblut beschrieben. Hier das Wichtigste in Kurzform:

1. Selbst tun fühlt sich richtiger an

Kunden, die ein Produkt oder eine Leistung nach ihren Vorstellungen selbst gestalten, können wenig gegen den Preis oder überhaupt gegen diese Leistung einwenden, schließlich ist es das Ergebnis ihres eigenen Tuns. Sicher, das Prinzip des Konfigurators ist nicht neu, aber durch die sensomotorische Komponente wird seine Effizienz erheblich gesteigert.

2. Verstehen durch Begreifen

Hierbei wird die Sensomotorik als Lernkanal genutzt, wie sie Florian Heinen im bereits zitierten Artikel beschrieben hat. Ein typisches Beispiel dafür ist die weiter unten dargestellte Abwäge-Interaktion. Der Kunde macht sich seine häufig impliziten, teilweise unbewussten Gedanken im wahrsten Sinne des Wortes begreiflich.

»Teach-by-Touch« in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient

Wie eingangs erwähnt, hat auch das Gespräch zwischen Arzt und Patient den Charakter eines Verkaufsgespräches. co.patient hat deshalb »Teach-by-Touch« für die Kommunikation von Arzt und Patient weiterentwickelt. Im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung (»Common Decision Making«) hat der Arzt hat die Aufgabe, den Patienten so über seine Erkrankung und deren Risiken zu informieren, dass der Patient in der Lage ist, an der Therapieentscheidung mitzuwirken. Wissen ist die wichtigste Basis, um rationale Entscheidungen zu treffen. Das ist die Crux im Bemühen um Adhärenz. Mittels »Teach-by-Touch« macht sich der Patient die Informationen selbst begreiflich. Das klingt zunächst so, als würde »Teach by Touch« das Arztgespräch verlängern. Das Gegenteil ist der Fall: Der Arzt muss bei der Exkursion des Patienten durch sein Krankheitsbild nicht dabei sein. Der Patient kann die Wartezeit nutzen, um sich auf das Arztgespräch vorzubereiten. Der Arzt erhält für das Gespräch mit dem Patienten die dessen Auswertung dessen, was der Patient mit »Teach-by-Touch« erarbeitet hat. Daraus kann der Arzt auch genau ableiten, wo der Patient noch Informationsdefizite hat. Im Gespräch mit dem Patienten kann der Arzt mithilfe der App dezidiert darauf eingehen.

Fazit

»Teach-by-Touch« spart dem Arzt Zeit und macht die Kommunikation zwischen Arzt und Patient effizienter. Durch dieses Prinzip der interaktiven Vermittlung von Informationen auf Tablets versteht der Patient die Informationen besser und schneller, was letztlich zu einer höheren Adhärenz führt.

Literatur:

1 Heinen, Florian, 2013. Der Zeigefinger: Schlüssel einer neuen Kultur. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 111, 15. Mai.

Haben Sie Interesse, »Teach by Touch« zu nutzen? co.patient berät Sie gerne.

Kontaktieren Sie uns