Patienten­kommunikation für Kliniken: Mit Empathie zur Patienten­bindung und besseren Klinik­bewertung

Kliniken können die Patientenbindung und Klinikbewertung entscheidend verbessern, wenn Empathie und die richtige Anwendung von Gesprächstechniken miteinander kombiniert und typische Fehler vermieden werden.

Wer den Patienten für sich gewonnen hat, wird vom Zuweiser unabhängig

Viele Kliniken konzentrieren sich in ihrer Kommunikation auf den Zuweiser, dabei ist es der Patient, der im Zeitalter von Klinikbewertungen und umfassenderen Patientenrechten eine immer wichtigere Rolle übernimmt. Patienten sind die wichtigsten Multiplikatoren, wenn es um das Image einer Klinik geht. Trotzdem wird der Patient in seiner Bedeutung für das Klinikmarketing noch vielfach unterschätzt.

Patientenkommunikation kann sogar das Therapieergebnis verbessern

Was ist wichtiger, Pille oder Prozess? Dass eine gute Kommunikation mit Patienten die Patientenzufriedenheit verbessert, ist eine alte ärztliche Erfahrungstatsache, die auch durch randomisierte Studien gut belegt ist.1-5 Und mehr noch: Eine aktuelle Studie zeigt, dass durch empathische Patientenkommunikation nicht nur die Patientenzufriedenheit gesteigert, sondern sogar das objektive Therapieergebnis – gemessen über Laborparameter – verbessert werden kann.6 Darüber hinaus ist empathische Patientenkommunikation assoziiert mit verbesserter Compliance7, geringeren Behandlungsfehlern8, einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Kunstfehlerklagen9, einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und weniger Burnout.10 Es gibt also zahlreiche Gründe, in die Patientenkommunikation zu investieren, doch nur wenige Kliniken tun es.

Patientenkommunikation gegen Unzufriedenheit und falsche Erwartungen

Naturgemäß ist das Potential guter Patientenkommunikation dort am größten, wo Patienten unzufrieden sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Knieendoprothetik. Nach Implantation eines Kniegelenks sind 43,2 % der Patienten unzufrieden, was teilweise auf die zu hohe Erwartungshaltung dieser Patienten in Bezug auf den therapeutischen Effekt des Kniegelenkersatzes zurückgeführt werden kann.11 Auf der anderen Seite kann eine zu negative Erwartungshaltung genauso schaden. Viele Patienten kommen schon mit einer negativen Erwartungshaltung in die Klinik, nachdem sie »Dr. med. Google« konsultiert haben. Das Internet ist, genau wie andere Medien, ein Zerrspiegel der Realität. Nicht die gute Verträglichkeit eines Arzneimittels, die komplikationslose Operation oder der symptomarme Verlauf einer Krankheit steht im Vordergrund, stattdessen wird stets das Sensationelle betont: Die kaum zu ertragenden Nebenwirkungen, die fatal verlaufende Operation, die in kürzester Zeit zum Tode führende Erkrankung.12

Mit CoreCom Empathie stärken und Kommunikationstechniken trainieren

Wie führt man eine wirksame Schulung von Klinikmitarbeitern in der Patientenkommunikation durch, die schnell und nachhaltig zu Ergebnissen führt? In unseren Seminaren zur Patientenkommunikation verwenden wir einen zweifachen Ansatz (CoreCom-Methode), um Mitarbeiter zu einer effektiveren Patientenkommunikation zu befähigen. Dabei geht es zum einen darum, die Empathie der Mitarbeiter zur stärken und zum anderen, ihnen wirkungsvolle Gesprächstechniken an die Hand zu geben.

Die zwei Stränge der CoreCom-Methode
Abbildung 1: Die zwei Stränge der CoreCom-Methode

Warum Empathie als Kernkompetenz in der Patientenkommunikation?

Eine empathische Haltung führt zu einem befriedigenden Patientenkontakt. Der Patient fühlt sich verstanden, gut aufgehoben und reagiert seinerseits mit größerem Verständnis und der Bereitschaft zu kooperieren. Anders als bei einem reinen Abrufen verschiedener Kommunikationstechniken, wird bei der empathischen Kommunikation nicht nur intellektuelles, sondern auch intuitives Wissen herangezogen. Daraus ergeben sich weitere Vorteile: Der Gesprächsteilnehmer wirkt authentisch und damit glaubwürdig und durch die spontanen Reaktionen lassen sich problematische Punkte im Gespräch rasch abmildern, bevor daraus ernsthafte Konflikte entstehen.

Empathie lässt sich trainieren

Für eine Studie des Massachusetts General Hospital beurteilten Patienten die Empathie von Ärzten mittels eines Fragebogens.13 Daraufhin nahmen die Ärzte an einem 3-stündigen Empathietraining teil. Dabei wurden sie zunächst über die neurobiologischen Hintergründe der Empathie informiert, dann folgten ein Kommunikationstraining und eine Schulung in der Wahrnehmung non-verbaler Signale. Zwei bis drei Monate nach dem Training fielen die Bewertungen der Patienten signifikant besser aus. Unsere Erfahrungen mit unseren Seminarteilnehmern decken sich mit dieser Studie. Die meisten Teilnehmer berichten davon, dass die erlernten Techniken schnell zu einer Verbesserung der Patientenzufriedenheit geführt haben. Bewährt beim Empathietraining hat sich dabei eine Mischung aus Hintergrundinformationen zu empathischem Verhalten und praktischen Übungen. So wird beispielsweise bei der Spiegelübung für einige Minuten die Körperhaltung und Mimik des Übungspartners imitiert. Diese Übung nutzt den sogenannten »Chamäleoneffekt«. Empathische Menschen, so hat man beobachtet, nehmen oft die gleiche Haltung wie ihr Gegenüber ein. Dadurch erfahren sie auf unbewusster Ebene mehr über die Gefühlslage des Anderen. Verantwortlich dafür sind die Spiegelneuronen, die dafür sorgen, dass wir durch die Imitation der Bewegung auch die Emotionen unseres Gegenübers nachempfinden können. Auch wenn das größte Entwicklungspotential der Spiegelneuronen in den ersten 3 bis 4 Lebensjahren liegt, so weiß man heute, dass diese auch im Erwachsenenalter ihre Plastizität behalten.

Kommunikationstechniken – der zweite Strang guter Kommunikation

Das durch Stärkung der Empathie verbesserte Kommunikationsverhalten sollte durch den bewussten Einsatz von Kommunikationstechniken ergänzt werden, um auch auf Situationen vorbereitet zu sein, bei denen intuitives Kommunizieren oft zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Eine bewährte Strategie, gerade bei emotional aufgeladenen Patientengesprächen, ist beispielsweise die ELSE-Technik. Dabei werden systematisch folgende Fragen gestellt:

  • Was haben Sie empfunden? (E-Emotionen)
  • Was war das Schlimmste daran für Sie? (L-Lass mich das Schlimmste wissen!)
  • Was hat Ihnen geholfen standzuhalten? (S-Standhalten)
  • Am Ende der kurzen Befragung wird ehrlich ausgedrückt, was man bei der Schilderung des Patienten empfunden hat. (E-Empathie)

Die der »gewaltfreien Kommunikation« nach Rosenberg entnommene Methode hilft dem Patienten dabei, schneller zum Kern seiner Ausführungen zu kommen. Sie ist dadurch zeiteffizient und gibt dem Patienten dennoch genügend Raum sein Problem zu schildern. Durch das bewusste Ansprechen und Zulassen von Emotionen des Patienten lässt sich das Gespräch danach oft leichter wieder auf eine sachliche Ebene lenken. Auch der Klinikmitarbeiter profitiert von einem harmonischen Gesprächsverlauf – ein nicht unerheblicher Nebeneffekt, denn Studien zeigen hier langfristig eine Abnahme des Burnouts und eine Zunahme des Wohlbefindens.10

Typische Fehler vermeiden

Oft wird die Patientenkommunikation auch durch typische Fehler beeinträchtigt. In unseren Seminaren erleben wir immer wieder Aha-Effekte bei den Teilnehmern, wenn Fehler angesprochen werden, in denen sich die Teilnehmer wiedererkennen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Noceboeffekt. Der Noceboeffekt wird durch negative Sprachmuster hervorgerufen.14 So sind Aussagen wie »Sie sind ein Risikopatient« oder »Wir versuchen es mal mit diesem Medikament« für den Patienten oft eng verknüpft mit den Gefühlen von Unsicherheit und Angst. Durch gezielten Einsatz von Placebokommunikation kann dem Noceboeffekt entgegengesteuert werden. Besser sind demnach Aussagen wie: »Wir werden besonders gut darauf achten, wie Sie auf die Behandlung reagieren« oder »Dieses Medikament hat schon bei vielen Patienten gute Resultate gebracht.« Hier wird positiv formuliert, ohne unrealistische Erwartungen zu erzeugen.

Fazit

Eine effektive und patientenfreundliche Kommunikation lässt sich mithilfe der Empathie als Kernkompetenz rasch und nachhaltig implementieren. Ergänzend helfen Kommunikationstechniken und das Vermeiden typischer Fehler. Für Kliniken bietet sich dieser multimodale Ansatz an, um die Patientenzufriedenheit zu steigern und damit die Patientenbindung und Klinikbewertung zu verbessern. Darüber hinaus steigert empathische Patientenkommunikation die Mitarbeiterzufriedenheit und reduziert die Wahrscheinlichkeit von Klagen aufgrund von Behandlungsfehlern.

Literatur:

1 Smith RC et al. A strategy for improving patient satisfaction by the intensive training of residents in psychosocial medicine: a controlled, randomized study. Acad Med 1995; 70:729-32.
2 Alder J et al. Communication skills training in obstetrics and gynaecology: whom should we train? A randomized controlled trial. Arch Gynecol Obstet 2007; 276:605-612.
3 Bieber C et al. A shared decision-making communication training program for physicians treating fibromyalgia patients: effects of a randomized controlled trial. J Psychosom Res 2008; 64:13-20.
4 Brown LD et al. An evaluation of the impact of training Honduran health care providers in interpersonal communication. Int J Qual Health Care 2000; 12:595–01.
5 Roter DL et al. The effects of a continuing medical education programme in interpersonal communication skills on doctor practice and patient satisfaction in Trinidad and Tobago. Med Educ. 1998; 32:181–9.
6 Rakel D et al. Perception of empathy in the therapeutic encounter: effects on the common cold. Patient Educ Couns. 2011;85: 390-7.
7 Halpern J. From detached concern to empathy: Humanizing medical practice. New York: Oxford University Press. 2010.
8 Brennan TA et al. Incidence of adverse events and negligence in hospitalized patients: Results of the Harvard medical practice study I. N Engl J Med. 1991; 324: 370-6.
9 Hickson GB et al. Patient complaints and malpractice risk. J Am Med Assoc. 2002; 287: 2951-7.
10 Krasner MS et al. Association of an educational program in mindful communication with burnout, empathy, and attitudes among primary care physicians. J Am Med Assoc 2009; 302:1284-93.
11 Barmer GEK Report Krankenhaus 2010.
12 Esser M, Umbach G. Patienteninformation in Zeiten von Informationsinfarkt und Cyberchondrie. PM-Report. 2012;10/12:14-6.
13 Riess H et al. Empathy training for resident physicians: A randomized controlled trial of a neuroscience-informed curriculum, J Gen Intern Med 2012; 27:1280-1286.
14 Guyomard C, Esser M. Patientenkommunikaton zwischen Nocebo- und Placeboeffekt. Der Pneumologe 2013; 10:134-6.